Holocaust Survivors and Remembrance Project: "Forget You Not"™
preserving the past to protect the future ...
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Oliver Lustig's Text Presentation

of Historic Holocaust Photograps
from
The Album
The Auschwitz Album: The Story of a Transport
Publisher: Yad Vashem, Auschwitz-Birkenau State Museum
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German Translation / Deutsche Übersetzung


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by Elisabeth Ernst, German Embassy, Bucharest, Romania.



 

I. Das Tor zur Hölle

 

Dies ist das berüchtigte Tor des Lagers Birkenau (Auschwitz II).

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II. Die Todesrampe

 

Das gleiche Tor von innen. Jetzt sieht man den gesamten Schienenkomplex im Innern des Lagers, einschließlich der „Todesrampe”, des Zwischenraums zwischen den Schienen, der als Ausstieg aus den Wagen und zur Selektion derjenigen diente, die für die Gaskammern bestimmt waren.

 Dieser Komplex wurde erst Anfang 1944 gebaut, als sich herausstellte, daß die Deportation der Juden aus Ungarn, einschließlich aus Nordsiebenbürgen und Transkarpatien, die beide damals Ungarn angegliedert waren, alle bis dahin bekannten Zahlen überschreiten würde. Aus diesem Grund war Rudolf Höss, der Kommandant des Lagers Birkenau, zweimal in Budapest. Dort ist es ihm mit Eichmann (dem Leiter der Abteilung in der Gestapozentrale, die für die Endlösung der Judenfrage zuständig war) --der sein Hauptquartier vorübergehend in die ungarische Hauptstadt verlegt hatte-- in gutem Einvernehmen mit den Horthy-Behörden gelungen, die Kapazitäten der Vergasung und Verbrennung in den Krematorien in Birkenau mit den vorgesehenen Deportationen „abzustimmen”.

 

 




III. Es wird die Ankunft eines neuen Transports erwartet

 

Hier sehen Sie die „Todesrampe", so wie sie 1944 aussah. Im Frühjahr und Sommer jenes Jahres haben alle 147 Züge, die in mehr als 6700 verriegelten und vergitterten Wagen 434351 Mütter und Kinder, Frauen und Männer --alles Juden aus Ungarn und Siebenbürgen-- hier angehalten. HIER, auf dieser Rampe, geschah die GROSSE SELEKTION. Aus jedem Transport (der durchschnittlich aus 3000 Menschen bestand) wurden wenigstens 2000 in den Tod geschickt. Von hier, von dieser Rampe, die Sie vor sich haben und die so ruhig und friedlich scheint, GINGEN 2000 Menschen, Ihre Nächsten, liebe Freunde, DIREKT ZUR GASKAMMER.

Die anderen tausend wurden vorübergehend für Sklavenarbeit ausgewählt.

Im Bild sehen Sie zwei Züge mit leeren Wagen. Aus ihnen ist vor 5-6 Stunden der vorherige Transport ausgestiegen. Im Vordergrund inspizieren kleine Gruppen von SS-Leuten die Rampe, um zu sehen, ob alles vorbereitet ist für den „Empfang" des nächsten Transports, der in ein paar Minuten eintreffen soll. Irgendwo am Ende des Bahnsteigs sieht man einige Häftlinge aus dem sogenannten Kanada-Kommando, die mit dem Sortieren des gesamten (aus den Wagen geholten) Gepäcks und seines Transports in die nahegelegenen Lagerhäuser fast fertig sind.

 




IV. Ausstieg aus den Wagen

[IV-1]

Der Zug hat angehalten. Die verriegelten Türen der Wagen sind geöffnet worden. Jedes Mal, ohne Ausnahme, wurden vor jeder Tür, immer und immer wieder die beiden selben Befehle gerufen:

Der erste: Alle heraus! Die Worte haben uns gefreut, wir haben alle erleichtert aufgeatmet.

Der zweite: Alles dort lassen! (Das gesamte Gepäck bleibt im Wagen.) Dieser zweite Befehl hat uns verwirrt:

Wieso ALLES, das ganze Gepäck … ? … auch die warmen Wintersachen, auch die Bettwäsche, auch die Windeln für die Kinder, und die Lebensmittelreste, und die Familienfotos, und die Bücher, und die letzte Flasche mit Wasser, und die Hausapotheke …?

 Doch für Fragen war keine Zeit, geschweige denn für Antworten.

 Das Aussteigen hatte begonnen.

 

 




[IV-2]

Mit einem Blick kann man feststellen, daß die Mehrzahl derjenigen, die aus den Wagen aussteigen, Frauen und Kinder sind.

 Die Erklärung: Ab 1941 wurden die erwachsenen Männer zwischen 21 und 45 Jahren (sogar noch ältere) in Abteilungen für Zwangsarbeit zusammengezogen, die fast alle in die Ukraine „geschickt" wurden, um die Kampfgebiete hinter der Front von Minen zu säubern. So kam es, daß die ganze Sorge und Verantwortung für das Leben jeder Familie im Ghetto und während der Deportation bis zum Eintreten in die Gaskammer auf den Schultern unserer „sanften und heiligen” Mütter lag.

 




[IV-3]

Obwohl der Befehl „Alles dort lassen” Dutzende Male wiederholt wurde, sind einige, wie man sieht, doch mit einem Koffer oder einer Tasche ausgestiegen. Die SS-Leute taten, als sähen sie es nicht. Für sie war es wichtig, daß alles so schnell wie möglich ging, und ganz besonders, daß Panik, Schreien oder Weinen, Wortwechsel oder gewaltsame Auseinandersetzungen vermieden wurden.

 




[IV-4]

Gesamtansicht der „Todesrampe” im Augenblick, als der Ausstieg eines ganzen Transports aus dem Zug beendet ist. Am Horizont sind (rechts und links von den Bahngleisen) zwei Gebäude mit hohem Schornstein zu sehen. Das sind die Krematorien II und III.

 




[IV-5]

Am 9. Juni 1944 befand ich mich mit meiner Familie vor einem der leeren Eisenbahnwagen, genau so einem wie auf dem Foto. Aneinandergedrängt, aufgeregt und begierig zu erfahren: Wo sind wir? Was wollen sie mit uns machen? Welches Schicksal erwartet uns? Wir waren erstarrt von der Spannung, mit der wir die ersten normalen, natürlichen Worte hörten, die an uns gerichtet wurden, seitdem wir verhaftet worden waren, um ins Ghetto gebracht zu werden. Der an die Neuankömmlinge gerichtete Monolog hörte sich so an:

 Meine Damen und Herren,

 wir wissen, daß Sie sehr müde sind, daß Sie eine lange und qualvolle Reise hatten. Weder Nahrung noch Wasser haben ausgereicht. Das tut uns leid, ist aber nicht unsere Schuld. Jetzt ist das aber vorbei. Sie werden in ein Lager gebracht. Die Arbeitsfähigen werden arbeiten. Sie werden alle unter normalen Bedingungen leben.

 Es tut uns leid, daß wir Ihnen auch eine schlechte Nachricht geben müssen. Bis zum Lager, in dem Sie leben und arbeiten werden, sind es noch etwa 3 Kilometer und ausgerechnet heute … haben wir nicht genügend Fahrzeuge. Deswegen bitten wir Sie:

 Alle Frauen, alle Mütter mit Kindern bis zu 14 Jahren, alle Alten, Kranken und Invaliden treten nach links.

 Die Arbeitsfähigen, also die, die zu Fuß gehen können, bleiben stehen, rechts von der Rampe.

 Nach der unmenschlichen Enge in den Wagen, nach dem Hunger und Durst, die uns auf dem Weg vom Ghetto bis nach Birkenau gequält hatten, nach der Furcht und Verzweiflung, die uns alle und besonders unsere Mütter ergriffen hatte, hat der überraschend „verständnisvolle und wohlwollende Monolog” uns ein bißchen Hoffnung schöpfen lassen.

 So kam es, daß das erste furchtbare Auseinanderreißen der Familien, die ewige Trennung voneinander in weniger als einer Stunde, in einigen zehn Minuten geschah.

 




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V. Die Trennung auf ewig

[V-1]

Sehr schnell haben sich alle Mütter und Kinder auf der linken Seite der Rampe eingefunden.

Betrachten Sie die kleinen Kinder links im Bild. Sie werden feststellen, daß sie einem voller Unschuld direkt in die Augen schauen und eine solche Schuldlosigkeit ausstrahlen, daß man - wenn man weiß, daß nur ein paar Minuten sie vom Gang in den Tod trennen - sich nur erschüttert fragen kann:

 Warum? Wer hat über einer Million solcher Kinder das Recht auf Leben nehmen können, nur weil sie als Juden geboren wurden. Was ist zu tun? Was muß, was kann man tun, damit solch himmelschreiende Barbarei sich NIRDENGWO UND NIE MEHR wiederholt?

 




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[V-2]

Vor den Wagen ist hier eine andere Gruppe von Müttern und Kindern zu sehen, die darauf warten, zu den Lastwagen zu gehen, die sie --so wie ihnen gesagt wurde-- in das Lager bringen sollen, in dem sie das Kriegsende abwarten.

 Die Momentaufnahme kann bei weitem nicht die Dramatik wiedergeben, die hier festgehalten wird. Denken Sie bitte daran, daß die auf dem Foto Abgebildeten überzeugt sind, noch vor Anbruch der Nacht wieder mit ihren Familien vereint zu sein.

 Ich gestehe, daß auch heute, nach 60 Jahren, die tiefste Wunde --die nicht vernarbt ist und auch nie vernarben wird-- die ist, die durch das Auseinanderreißen der Familie beim Aussteigen an der „Todesrampe” verursachte wurde.

 Wir haben uns getrennt, ohne daß ich meine Mutter geküßt hätte … Ohne meine Zwillingsbrüder zu umarmen oder den Rest der Familie, unseren jüngsten Bruder, Valentin. … Wer hätte denken können, daß alles, was die SS-Männer uns gesagt haben, eine Lüge von unvorstellbarem Zynismus war, daß ich, der ich meiner Mutter hinterhersah, wie sie wegging und Valentin an der Hand hielt und den Zwillingen ständig zurief, sich nicht zu entfernen, sie mit meinen Blicken auf ihrem letzten Weg begleitete.

 




[V-3]

Eine Gruppe von Männern, die die Selektion erwarten.

 




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[V-4]

Eine andere Gruppe von Männern, die die Selektion erwarten. Als sie merken, daß sie fotografiert werden, schauen sie direkt in den Apparat.

 




[V-5]

In diesem Teil der Kolonne, die sich auf die Selektionskommission zubewegt, sind einige, die keine Chance haben, zur Arbeit zugelassen zu werden. Sie werden herausgeholt und in die Gaskammern geschickt werden. Zum Beispiel der Junge in der ersten Reihe (die zweite Person von links), wahrscheinlich hat er keine Mutter, und sein Vater hat ihn mit sich in die Kolonne genommen in der Hoffnung, daß es ihm gelingen wird, ihn durchzubringen. Er hat jedoch keinerlei Chance. Er wird --mit Sicherheit-- aus der Reihe herausgerissen und zum Krematorium geschickt werden.

 Das gleiche Schicksal erwartet --wie viele andere-- auch die beiden alten Männer aus der Mitte der Gruppe, die sich auf Stöcke stützen.

 




[V-6]

Die Großväter und Großmütter, die Invaliden, die Kranken, die sich nicht mehr auf den Beinen halten konnten, sind ebenfalls in einer Gruppe vor den Wagen und warten auf die Lastwagen, die sie abholen werden.

 Die Lastwagen werden kommen, werden sie holen, aber nicht, um sie in ein Familienlager sondern um sie direkt in die Gaskammern zu bringen.

 



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VI. Die Große Selektion

 [VI-1]

Schließlich haben die Gruppen von Männern und Jungen über 14 Jahren auf der einen Seite der Rampe und die Frauen, Mütter und Kinder unter 14 Jahren auf der anderen Seite zwei getrennte Kolonnen gebildet.

 Vor jeder der beiden Kolonnen versammeln sich die SS-Leute der Kommission.

 „Die Große Selektion”um Leben oder Tod muß jeden Augenblick beginnen.

 

 

 


[VI-2]

 Jedes Mal beginnt die Selektion mit der Kolonne, die aus Frauen, Müttern und Kindern besteht. Jüngere Frauen, ohne Kinder auf dem Arm, werden aus der Reihe geholt und zu einer Stelle gebracht, an der diejenigen versammelt werden, die als arbeitsfähig gelten. Der Rest, der Großteil der Kolonne, geht fast ohne Halt zu den Gaskammern. Sieht der Chef der SS-Kommission eine jüngere Frau, die ein Baby im Arm hält (wie im Foto zu sehen), nähert er sich ihr und sagt ihr fast höflich:

 „Meine Dame, ich sehe neben Ihnen eine ältere Frau, die die Großmutter oder Tante des Kindes sein könnte. Geben Sie ihr das Kind, treten Sie aus der Kolonne heraus und gehen Sie hinüber zur Gruppe derjenigen, die zu Fuß gehen werden."

 Einige waren einverstanden und folgten, retteten so --ohne sich dessen bewusst zu sein-- provisorisch ihr Leben. Andere drückten ihr Kind an die Brust und brachen in oft hysterisches Weinen und Schreien aus:

 „Ich gebe mein Baby nicht her, es gehört mir, eher sterbe ich, als mich von ihm zu trennen.”

 „Meine Dame, verursachen Sie hier keine Panik", antwortet der SS-Mann ruhig. „Ich habe es Ihnen nicht befohlen, ich habe es Ihnen nur vorgeschlagen. Wenn Sie nicht wollen, bitte sehr, gehen Sie weiter." Und die Frau, froh darüber, drückte mit einer Hand das Kind an die Brust, wischte sich mit der anderen die Tränen ab und ging erfreut weiter … auf die Gaskammern zu, von der sie nur noch 500-600 Meter trennten.

 




[VI-3]

Die Selektion verläuft in aller Ordnung. Die SS-Leute sind ruhig, und ihre „honigsüßen" Worte verbergen ihre Niederträchtigkeit.

Niemandem, absolut niemandem aus der Kolonne, die ihren Weg fortsetzt, kommt es in den Sinn, daß er sich mit jedem Schritt dem unerbittlichen Ende nähert, von dem ihn jetzt weniger als 500 Meter trennen.

 




[VI-4]

Die Selektion in der Kolonne der Frauen, Mütter und Kinder ist fast beendet. Ein paar Minuten später wird sich die Kolonne der Männer und Jungen über 14 Jahren in Bewegung setzen.

 

 




[VI-5]

Die Selektion der Erwachsenen und arbeitsfähigen Männer hat begonnen.

 




[VI-6]

Eine Gruppe von Erwachsenen und Männern, zur Sklavenarbeit ausgewählt.

 




VII. Gruppe von Frauen, zur Arbeit ausgewählt

[VII-1]

In den Gesichtern und Augen dieser zur Arbeit ausgewählten Frauen kann man nur Sorge, Unruhe und Furcht erkennen.

 Sie scheinen sich zu fragen:

„Wann werden wir wohl die wieder sehen, von denen wir getrennt wurden?”

 




[VII-2]

Die zur Arbeit ausgewählten Frauen sind zum Frauenlager aufgebrochen.

 




VIII. Zur Gaskammer

 [VIII-1]

Mütter --unter ihnen eine Großmutter-- einige mit Kindern auf dem Arm, andere mit Kindern an der Hand, gehen entlang den Schienen zur Gaskammer.

Ihren Blicken könnte man entnehmen, daß sie an alles andere denken als an den Tod.

 




[VIII-2]

Zwei Mütter --eine mit einem kleinen Baby auf dem Arm, umgeben von weiteren sieben Kindern -- gehen ihren letzten Gang.

 Es ist geradezu überwältigend, die drei Jungen in der ersten Reihe anzusehen. Der mittlere --nicht älter als 4 oder 5-- hält seine beiden jüngeren Brüder fest an der Hand, damit sie ja nicht verloren gehen auf ihrem Weg zu …? Wohin? In den Tod! Es ist unglaublich … und doch ist es die bittere Wahrheit.

 




[VIII-3]

Dies ist das am meisten verbreitete, das bekannteste Foto. Es ist zum „Symbol" für das Zurücklegen des Weges --entlang den Schienen-- von der Todesrampe zu den Gaskammern geworden. Des Weges, den über eine Million Juden gegangen sind, die meisten davon Mütter mit Kindern bis zu 14 Jahren, Alte und Kranke.

 



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IX. Die letzte Rast

 

Es folgen vier Bilder, die endlich einen Beginn der Rückkehr zur Normalität auszustrahlen scheinen. Die Mütter scheinen ruhiger, sie blicken die Kinder an, ohne daß ihre Augen Furcht ausdrücken.

 Und doch … die folgenden Bilder geben eine erschütternde Sequenz wieder, sie stellen den dramatischsten Augenblick des ganzen Leidensweges dar.

 Den Müttern, die Sie betrachten, wurde gesagt, daß sie nicht mehr weit zu gehen hätten, da sie jedoch müde schienen und da sie gerade in einer Waldlichtung angekommen seien, würden sie eine kurze Pause machen. Als die Kinder dann die Bäume ringsum sahen und Brunnen entdeckten, sind sie losgestürzt, um endlich Wasser zu trinken, soviel sie wollten. Einige haben noch Brotreste in den Taschen gefunden und sich schnell in den Mund zu gestopft. Die Mütter sehen die Kleinen entspannt an; einigen kommt wieder ein Lächeln auf die Lippen.

 Keine von ihnen ahnte die grausame Wahrheit. Der Vorhang aus Bäumen, über dessen Schatten sie sich freuten, war in der Absicht gepflanzt worden, das Gebäude zu verbergen, in dem die Gaskammern und Öfen untergebracht waren. Bis dahin sind es nur noch 100 Schritte.

 Die ungeheuer grausame Erklärung ist folgende: Trotz aller preußischen Genauigkeit, hat der Vernichtungsvorgang dieses Mal einen kleinen Fehler in der Abstimmung erfahren. Die vorherige Gruppe war noch nicht vollständig in Rauch und Asche verwandelt worden. Oder das war zwar geschehen, aber der Auskleideraum und die Gaskammern waren noch nicht gelüftet worden. Jedenfalls müssen die Neuankömmlinge noch ein paar Minuten warten, vielleicht sogar ein Viertelstündchen. Danach werden sie die 90-100 Meter zurücklegen und in den Tod gehen.

 




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[IX-1]

Den menschlichen Wesen, die Sie hier im Bild sehen (Kinder, vor allem Kinder, wie auf die Erde gekommene Engel, Mütter, die ihre Kinder mehr als alles lieben, gottesfürchtige Alte), wurde nur eine einzige Schuld vorgeworfen, nämlich daß sie als Juden geboren wurden, und deswegen wurden sie erniedrigt und belogen, wie kein anderer je zuvor.

Sie wurden mit unvorstellbarem Zynismus erniedrigt und belogen, einem Zynismus, der jede Barbarei, jede Bestialität übersteigt.

Diesen reinen und unschuldigen menschlichen Wesen wurde von angeblichen „Übermenschen" gesagt, sie sollten sich in dieser Lichtung ein bißchen ausruhen, bevor sie in dem versprochenen Familienlager ankommen.

In Wirklichkeit war es für alle, die Sie im Bild sehen, die „letzte Rast im Leben". Einige Dutzend Meter jenseits des Vorhangs aus Bäumen erwartete sie das Krematorium, die offene Tür des Auskleideraumes, die gelüftete Gaskammer mit einem Fassungsvermögen von 2000 Personen; das Feuer in den 15 gemauerten Öfen im Obergeschoß, oberhalb der Gaskammer, war nicht gelöscht worden, um mit dem erneuten Anzünden keine Zeit zu verlieren.

 




[IX-2]

Die in der ersten Reihe haben bemerkt, daß sie fotografiert werden und schauen ruhig und natürlich zum Fotografen.

Die in den hinteren Reihen setzen --ziemlich entspannt, so scheint es-- ihr Gespräch fort. Vielleicht erzählen sie sich, daß sie das Schlimmste hinter sich haben.

Die erschütternde Wahrheit: Alle, die Sie betrachten, sind nach sehr kurzer Zeit aufgestanden, haben die Baumreihe im Hintergrund durchschritten, sind ins Gebäude eingetreten, wurden in die Gaskammer gestoßen, und dann wurden ihre Körper in Rauch und Asche verwandelt.

 




[IX-3]

Die Kinder warten ruhig. Wissen auch sie nicht, worauf?

 Jedenfalls können sie jetzt die frische Luft atmen, sich hinsetzen, stehen, wenn sie wollen, sogar spazierengehen.

 Auch die Mütter sind wieder ruhig. Den beiden auf der rechten Seite ist --ein wahres Wunder!-- das Lächeln auf die Lippen zurückgekehrt. Sicher zum letzten Mal!

 Nach wenigen Minuten werden sie, nackt ausgezogen, in den Gaskammern ihre Kinder hochhalten, zur Decke hin, um ihr Leben um ein paar Sekunden zu verlängern.

 

 




[IX-4]

Wer kann diesen Kindern etwas vorwerfen?

Wer wagt es, sich dem Gedenken an sie zu widersetzen?

 

 

 




X. Das Sortieren des geraubten Gepäcks

 

Während zwei Drittel der Eigentümer der in den Wagen zurückgelassenen Gepäckstücke „ausgesondert", in die Gaskammern gestoßen und in Öfen verbrannt wurden, die anderen ins Lager gebracht wurden, um mit anderen Methoden umgebracht zu werden --Sklavenarbeit, Hunger, Krankheiten, Experimente an lebendigen Menschen, Hinrichtungen etc.-- setzten die Häftlinge des Kanada-Kommandos die Sortierung der Güter fort, die aus den Wagen geholt und anschließend nach Kategorien --Schuhe, Bettwäsche, Männerkleidung, Uhren, Schmuck etc.-- in den 30 Lagerhallen in der Nähe der Todesrampe deponiert wurden, um später nach Deutschland geschickt zu werden.

 




X. ...Und der Zyklus des Todes Setzt Fort

 

Sechs Stunden sind vergangen, seit die Gruppe von Deportierten, die mit dem letzten Zug in Birkenau-Auschwitz angekommen ist, die „Todesrampe" verlassen hat … Und jetzt wird erwartet, daß gleich ein neuer Zug hält mit 3000 unschuldigen Juden, zur Ausrottung bestimmt.

 … Und dieser Zyklus ging weiter, Tag und Nacht, ohne Unterbrechung, den ganzen Frühling und Sommer des Jahres 1944.

 

 



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